Bild Echo and Narcissus John William Waterhouse

Buchvorstellung

Buchvorstellung:

Um meine Erfahrungen und Recherchen zu verarbeiten, zu sortieren und auch anderen bereitzustellen, schreibe ich gerade an einem Buch. Folgend möchte ich ein paar Zeilen vorwegnehmen, damit man eine Ahnung bekommt, welche Gedankengänge in mir über dieses Thema vorgehen.

Herkunft

Schon lange vor Anbeginn unserer Zeitrechnung existieren Nachweise über die Geschichte des Wesens des Narziss. Es finden sich Darstellungen auf geschnittenen Steinen, Reliefs und sogar auf Sarkophagen. Sie zeigen den Jüngling in verschiedenen Variationen als Jäger am Wasser sitzend und sein Spiegelbild betrachtend.

Es ist schon bezeichnend, dass die Geschichte dieses Wesens des Narziss bis zu dem Zeitpunkt nachzuvollziehen ist, von dem die ältesten bekannten Schrift- und Bildzeugnisse unserer Zeit überliefert wurden. Genau so wie diese ältesten der uns bekannten Werke, lässt sich auch die Geschichte des Mythos von Narziss als bildhaft überlieferte Metapher für einen Geist oder eine Wesensart interpretieren.

Darum ist es nicht weit hergeholt, dass dieser Geist so alt sein könnte wie die Menschheit selber oder noch älter. Ich würde sogar behaupten, dass in der Tierwelt nicht nur bei Primaten ein narzisstisches Verhalten dokumentiert werden kann. Weiter gedacht ist es in der Tierwelt vielleicht sogar von Vorteil, narzisstische Muster zu entwickeln, um Alpha-Stellungen in Rudeln zu erhalten und zu verteidigen oder die Vielfalt im Genpool zu gewährleisten.

Für mich liegt die Quelle über die Erkenntnis, was Narzissmus ist und wie man der Entstehung dieses für meine Begriffe längst überholten animalischen “Modells” der Natur zur Sicherung des Überlebens einer Art präventiv entgegensteuern und es behandeln könnte, schon in der Sage über die Herkunft des Wortes. Denn das alte Wissen ist schon lange durch Beobachtungen und Mythen “erforscht” worden. Damals lag der Fokus nicht in der wissenschaftlichen Erörterung einer Studie, sondern in der kreativen Umsetzung in eine Bildsprache mit symbolisch aufgeladenen Inhalten, welche jeder Betrachter gefühlsmäßig gut nachempfinden kann.

Mit der Fortentwicklung der Schrift und des Bildungsniveaus stieg auch der Anspruch, alles ins Detail zu erfassen, zu beschreiben und schriftlich festzuhalten. Das ist auch gut so, denn so lassen sich diese wichtigen alten Informationen aus einem düsteren Mythos herausholen und damit entdämonisieren und in Erkenntnis und Fortschritt verwandeln. Jedoch ist gerade bei diesem Thema die Gefühlsebene besonders tragfähig, darum ist es vielleicht gar nicht so sinnvoll, jedes Detail wissenschaftlich begründen zu wollen. Empathische Menschen werden die Gefühlsebene dieses Buches nachvollziehen können und ihre (Vor)Urteile und Ansichten für diese Störung nachhaltig mit Erkenntnis und Verständnis füllen können.

Was nutzen die ganzen detaillierten Beobachtungen schon, wenn ein Therapeut persönlich niemals an einen Narzissten geraten ist und nicht ansatzweise nachvollziehen kann, wie sich das anfühlt? Dieser kann meiner Meinung nach kaum angemessen das Opfer behandeln, ganz zu schweigen von dem Narzissten selbst.

Wie es sich anfühlt, narzisstischem Missbrauch ausgesetzt zu sein, möchte ich in diesem Buch so gut wie möglich nachvollziehbar machen. Dann lässt sich vielleicht auch endlich mit dem allgemein verbreiteten Bild des selbstverliebten Schönlings als Hauptmerkmal des Narzissten aufräumen.

Mythos

Narziss (griechisch Νάρκισσος, Narkissos, lateinisch Narcissus) ist laut der griechischen Mythologie der schöne Sohn des Flussgottes Kephissos und der Leiriope. Er soll stets die Liebe anderer zurückgewiesen haben und verliebte sich in sein eigenes Spiegelbild.

Es ist vermutlich auch kein Zufall, dass es in der Legende heißt, der Flussgott Kephissos hätte die Wassernymphe Leiriope vergewaltigt und geschwängert, worauf Narziss geboren wurde. Das deutet schon auf ein zerrüttetes bzw. gestörtes Elternhaus hin, welches meiner Meinung nach maßgeblich an der Entwicklung des narzisstischen Geistes in einem Kind verantwortlich ist. Das fängt schon bei der erzwungenen, sprich ungewollten und gewaltvollen Schwangerschaft an und geht weiter mit den Sorgen der Mutter über das ungeborene Kind und das unwohle Gefühl über den Vater. Diese negativen chemischen und hormonellen Einflüsse begleiten die Entwicklung des Kindes und lassen in ihm den Narzissten reifen. Bei der Geburt könnte also schon ein großer Teil getan sein, der dem Narzissten seinen Weg in einen Kindeskörper ebnet. Es sollen wohl Studien existieren, welche zeigen, dass im Schädel bei Narzissten ein Hohlraum fehle, welcher bei “normalen” Menschen für den Teil von Empathie und Mitgefühl im Gehirn verantwortlich ist. Darum gibt es Forscher, die sagen, dies sei also schon ein Gendefekt.

Einer These nach könnte beim Prozess der Schwangerschaft, durch die Botenstoffe, welche die Mutter in das Kind sendet, schon der Samen für den Narzissten gesetzt worden sein. Wenn nun die Mutter oder der Vater Narzissten sind, kann man davon ausgehen, dass der Embryo, bzw. Fötus, ganz zu schweigen von der späteren Erziehung als Kind, mit “toxischer”, sprich negativer Energie genährt wird und somit sogar die Möglichkeit eines narzisstischen Kreislaufs im Stammbaum nicht auszuschließen ist.

Die Mutter Leiriope war vermutlich über das Schicksal von Narziss besorgt, denn sie ließ sich die Zukunft ihres Neugeborenen von dem Seher Teiresias voraussagen. Dieser würde Narziss nur dann ein langes Leben voraussagen, wenn er sich selbst nie erkennen würde. Die Besorgnis um ihr uneheliches Kind und die Reaktion auf die Weissagung des Teiresias haben möglicherweise dazu geführt, dass Narziss entweder ein Übermaß oder ein Defizit an Liebe und Aufmerksamkeit von seiner alleinerziehenden Mutter erhalten hat.

Über die Kindheit von Narziss lassen sich kaum weitere Hinweise finden. Der Ursprung könnte darin liegen, dass sich in der Kindheit kaum deutliche Anzeichen für Narzissmus abzeichnen lassen. Die Kindheit ist eher als die letzte Instanz zu betrachten, welche das Schicksal der völligen Ausbildung des narzisstischen Geistes in einem menschlichen Körper besiegelt. Die Störung kristallisiert sich für außenstehende Beobachter im Allgemeinen erst ab der Pubertät heraus, wenn die Abspaltung von den Eltern stattfindet und die Erfahrungen mit der elterlichen (Un)Liebe auf ein Partnerschaftsmodell übertragen werden.

Als junger Mann wurde Narziss von Jünglingen und Mädchen gleichermaßen umworben, soll aber von trotzigem Stolz auf seine eigene Schönheit erfüllt gewesen sein und wies darum all seine Verehrer und Verehrerinnen herzlos zurück. Diese Kränkung widerfuhr auch der Bergnymphe Echo, welche zur Strafe für ein intrigantes Ablenkungsmanöver im Olymp der Stimme beraubt wurde. Sie konnte nur noch die letzten Worte erwidern, die zu ihr gesagt wurden. Die Ablehnung durch Narziss kränkte sie so sehr, dass sie sich in einer Höhle verbarg, nichts mehr aß und mit der Zeit immer dünner wurde, bis ihre Gebeine zu Stein wurden. So vermochten schließlich nur noch ihre Knochen als Teil eines Berges ein Echo der entgegneten Worte zurücksenden.

Diese Metapher könnte bedeuten, dass Narziss nicht fähig war, die Schönheit anderer trotz ihrer Fehler zu erkennen und die Worte seines Gegenübers als Spiegel zu nutzen, um sich selbst zu reflektieren. Sogar nach ihrem Tod bemerkte er nicht, dass es nicht sein Spiegelbild war, welches zu ihm sprach, sondern es waren die Gebeine der Verschmähten, welche sein Abbild im Weiher haben sprechen lassen, in dem er sich so gerne bewunderte.

Ein ähnliches Schicksal ereilte auch den Bewerber Ameinias, dem Narziss ein Schwert zukommen ließ, mit dem sich Ameinias noch auf der Türschwelle mit der erhaltenen Sendung das Leben nahm. Nicht aber ohne zuvor die Götter anzurufen, um seinen Tod zu rächen. Nemesis hörte die Bitte und strafte Narziss daraufhin mit unstillbarer Selbstliebe.

Diese Analogie zu den Anwerbern um Narziss beinhaltet, wie destruktiv und manipulativ das Wesen des Narziss war und dass er sogar über Leichen geht, um nur nicht den Pfad der Selbsterkenntnis zu beschreiten, sondern auf dem Irrweg der grenzenlosen Selbstliebe umherzuwandeln. Je mehr verbrannte Asche der Narziss also hinterließ, desto tiefer drehte sich die Spirale aus Selbstverliebtheit und umso unrettbarer wurde er.

Als sich Narziss in einem der reinsten Gewässer betrachtete, das man sich vorstellen kann, erkannte er, dass er niemals jemanden außer sich selbst lieben würde und allein für das Leid anderer verantwortlich sei. Seine letzten Worte wurden von der Bergnymphe Echo wiederholt: “Ach, du hoffnungslos geliebter Knabe, lebe wohl!” Schockiert von dieser Erkenntnis über sein Wesen, das er nicht mehr schönreden konnte, fand sein Leben ein verfrühtes Ende, wie es der Seher einst prophezeit hatte. An der Stelle, wo er starb, blühte eine Narzisse, die an sein irdisches Dasein erinnerte. In meinem Verständnis ist der Tod von Narziss nicht der Tod des Menschen, sondern der Tod des Narzissten im Menschen. Mit anderen Worten, die Selbsterkenntnis ist die Heilung aus dem narzisstischen Handeln.

Ovid beschrieb in seiner Sage aus dem Text “Metamorphosen” diese Pflanze so eindeutig, dass es ohne Zweifel nur um die heute als Narzissen bezeichneten Pflanzen handeln kann.

Pflanze

Die Namensgebung der Narzisse lässt sich tatsächlich auf den Zusammenhang zur griechischen Mythologie über den Halbgott Narzissus zurückführen. Der Ursprung leitet sich aus dem griechischen Wort narkain ab und wurde von den Römern als Narcissus übernommen. Die Bedeutung findet eine sinnvolle Übersetzung in betäubend, narkotisierend. Die Narzisse ist also eine giftige Pflanze mit bezeichnenden Nebenwirkungen. Da die Zwiebeln im Ruhezustand denen der Küchenzwiebel sehr ähnlich sehen, kam es in der Geschichte der Menschheit freilich zu Vergiftungen durch Verwechslungen auf dem Speiseplan. So könnte sich auch die Aussage des Mythos Narziss in der Symbolik der Pflanze etabliert haben, denn die Möglichkeit der Analogiebildung zum heutigen Begriff vom Wesen des Narzissten ist nicht von der Hand zu weisen.

Die Symptome nach dem Verzehr von Narzissenzwiebeln reichen von Würgereiz, Erbrechen, Diarrhöe über Schläfrigkeit und Schweißausbruch oder Benommenheit und Kollaps bis hin zu Lähmungserscheinungen. In großen Dosen eingenommen, könnte auch der Tod die Folge sein. Es ist auch kaum mit Zufall zu erklären, dass Narzissten genau mit diesen Symptomen auf einer psychischen Ebene zu kämpfen haben und dies in ähnlicher Form bei Opfern narzisstischen Missbrauchs zu beobachten ist.

Durch den Pflanzensaft können lokal Hautreizungen auftreten. Es handelt sich dabei um eine Kontaktdermatitis, die auch als „Narzissenkrankheit“ bezeichnet wird (…) Es handelt sich dabei um eine toxische Reaktion auf Inhaltsstoffe der Narzissen. (Q-WiMN)

Könnte der letzte Abschnitt nicht vielleicht auch so formuliert werden: Durch die narzisstische Misshandlung bei Kindern können u.a. Hautreizungen auftreten. Es handelt sich dabei um eine „Psycho Dermatitis“, die auch als „Neurodermitis“ bezeichnet wird. Es handelt sich dabei um eine toxische Reaktion auf die Misshandlung durch Narzissten. 

Dieser Ansatz sollte in der Medizin mehr Beachtung finden, denn bei chronischen Leiden von Kindern gehören nicht selten eher die Eltern therapiert, als ihre Kinder. Wenn nur die Kinder zur Behandlung gebracht werden, wird sich ausschließlich oberflächlich der Symptomatik gewidmet, nicht aber der Wurzel der Erkrankung.

Narzissen besitzen heute wohl keine arzneiliche Bedeutung mehr. In der Volksheilkunde haben Narzissen nur gelegentlich eine Rolle gespielt und wurden u.a. überwiegend für Hauterkrankungen, und als Brechmittel verwendet. Sie enthalten außerdem unterschiedliche Alkaloide, die sie vor Schädlinglingsbefall schützen. Sogar das lässt Raum für Interpretationen in Hinsicht auf den Geist des Narziss.

Die Blüte galt als Symbol der Selbstsucht und Eitelkeit. Heute ist sie eher ein Symbol für den Neubeginn, da die Narzisse den Beginn des Frühlings ankündigt. Auch diese Symbolik lässt sich auf das Bild des Narzissmus übertragen, denn sie sind eine der ersten Blumen die im Jahr blühen, doch ist ihre Pracht auch wieder schnell vergangen. Werden sie im Topf oder Glas gezogen, können sie ganzjährig Zuhause erblühen. Dies könnte ebenfalls eine Andeutung auf die Notwendigkeit einer art Abhängigkeit zu so etwas wie einer gewissen Zufuhr sein.

In der chinesischen Kultur lassen sich kaum Analogien zu dem Mythos finden. In der islamischen Kultur wird von einem persischen Herrscher um 550 n.Ch. berichtet, welchen ihre Blüten an Augen erinnere und in ihm ein unwohles Gefühl des beobachtet werden auslöste. In der arabischen Dichtkunst hat sich seit 700 n.Ch. die Gleichsetzung von Narzisse und Auge fest etabliert. Dieses Bild besteht bis heute, dass es nicht immer positiv besetzt ist lässt sich ja nun schon erahnen. Das weiße Auge der Narzisse kann demnach auch ein blindes Auge sein oder ein durch Schlaflosigkeit gezeichnetes. Auffallend ist, dass die Narzissenblüte auch als Symbol für ein von Liebessehnsucht blind geweintes Auge Verwendung fand.

Eines der berühmtesten Narzissengedichte der arabischen Dichtkunst stammt von Abu Nuwas aus dem 9. Jahrhundert:

Schau an der Erde Gärten und betrachte
die Spur des Künstlerwerks von Gott dem Herrn,
wo Silberaugen, in die Höhe blickend
mit wie aus Gold geschmolzenem Augenstern
auf dem smaragdnen Stiele Zeugnis geben,
dass Gott erkennet keinen Nebenherrn.
(zit. n. Schimmel, 2001, S. 99)

Auch bei diesem Gedicht tritt eine außergewöhnliche “Schönheit” hervor, welche keine andere neben sich akzeptieren würde. 

Die Narzisse ist also mit Eigenschaften eines Geistes symbolisch aufgeladen, welcher Schönheit, Liebeskummer und Unantastbarkeit vereint.

“Cluster B sind keine Cornflakes”

Hier gelangt ihr zu den “Red-Flags” von “Cluster B”.

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